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Deutsche Rückkehrpolitik und Abschiebungen

2020, V. Rietig; M.L. Günnewig, DGAP,Deutsche Rückkehrpolitik und Abschiebungen
Type
Article (issue/policy brief, journal, blog, etc.)
Country
Germany
Region
European Economic Area
Organization
German Council on Foreign Relations (DGAP)
Year
2020
Authors
M.L. Günnewig, V. Rietig

Die deutsche Rückkehrpolitik steckt tief in der Krise. Scheiternde Abschiebungen, überhöhte Erwartungen an die freiwillige Rückkehr, komplexe Strukturen und eine vergiftete und emotionale Diskussionskultur – all diese Probleme muss Deutschland angehen, um seine Rückkehrpolitik effektiver, menschlicher und ehrlicher zu machen.

Die Herausforderungen der deutschen Rückkehrpolitik fallen in drei Kategorien.

  1. Strukturelle Probleme: Die Rückkehrpolitik ist ein föderaler Flickenteppich, in dem Hunderte von staatlichen Akteuren uneinheitlich vorgehen, was den Eindruck befördert, Entscheidungen seien unfair und es würden „immer die Falschen abgeschoben“. Dazu kommt, dass vier von fünf Ausreisepflichtigen im Besitz einer Duldung sind, die ihnen bescheinigt, dass Deutschland sie zumindest zeitweise nicht abschieben kann – die Ausreisepflicht ist also eher theoretische Pflicht als praktische Verpflichtung. Wer sich selbst ein Bild der Lage machen will, scheitert nicht selten daran, dass grundlegende Daten und Statistiken nicht existieren oder für die Öffentlichkeit kaum zugänglich sind. 
  2. Probleme der freiwilligen bzw. geförderten Rückkehr: Die freiwillige Rückkehr ist in Deutschland politisch und gesellschaftlich beliebter als die erzwungene Rückkehr, denn sie gilt als menschlicher und ist zudem kostengünstiger. Doch die Erwartungen an die freiwillige Rückkehr als Alternative zur Abschiebung sind überhöht, zumal einer ihrer wichtigsten Pfeiler, gute und erreichbare Beratung, nicht flächendeckend sichergestellt ist. Außerdem wirft sie schwerwiegende ethische Fragen auf, wie etwa die Förderung der Rückkehr in unsichere Länder.
  3. Probleme der erzwungenen Rückkehr bzw. Abschiebungen: Jede zweite Abschiebung scheitert, doch die Gründe, an denen sie scheitern, sind oft unklar. Klar ist hingegen, dass bei jeder Abschiebung das Risiko von Menschenrechtsverletzungen besteht, nicht zuletzt, weil Vollzugsbeamte heute häufiger körperliche Gewalt einsetzen als noch vor wenigen Jahren. Schließlich ist die zähe Zusammenarbeit mit vielen Herkunftsländern, die sich weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, ein weit reichendes und medial präsentes Problem.

Die Antwort der Politik auf diese vielschichtigen Herausforderungen lautete in den letzten Jahren primär: mehr Härte. Neue Gesetze verstärken den Druck auf Ausreisepflichtige und begünstigen zunehmend das schärfste Schwert des Rechtsstaats, die Inhaftnahme von Menschen. Gleichzeitig versuchen viele Akteure, Prozesse effizienter zu gestalten, sowohl durch Zentralisierung als auch durch eine engere Zusammenarbeit der beteiligten Ministerien. Diese Ansätze sind legitim und verständlich, aber sie reichen nicht aus, um die wirklichen Probleme anzugehen.

Dieser Bericht schlägt zehn Maßnahmen vor. Das Ziel: die Rückkehrpolitik in Deutschland einheitlicher, menschlicher und zugleich ehrlicher zu machen.